Kolumne Dornfeldt: Die Wirtschaftsentwicklung Armeniens und Georgiens

Die Republik Armenien ist das kleinste und ärmste Land des südlichen Kaukasus.[1] Konnte zwischen 2000 und 2008 ein rasantes Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1912 Millionen USD auf 11.662 Millionen USD verzeichnet werden, schwächte sich dieses aufgrund der globalen Wirtschaft- und Finanzkrise ab und erreichte bis heute nicht den Stand des Jahres 2007. Die Armutsrate liegt seit 2009 im Durchschnitt bei 35 Prozent.[2]

Zudem hatte die Abkühlung der russischen Wirtschaft einen spillover Effekt auf die Ökonomie Armeniens. Das Land ist nach wie vor abhängig von russischen Direktinvestitionen, die bereits signifikante Teile des armenischen Energiesektors kontrollieren. Ungefähr die Hälfte aller ausländischen Investitionen kommt somit aus Russland.[3] Darüber hinaus erhält die kaukasische Republik Wirtschafts- und Militärhilfe aus Moskau, was es der aus Berg-Karabach stammenden Führungselite in Jerewan um Präsident Sersch Sarkisjan und Ex-Präsident Robert Kortscharjan ermöglicht, das Gebiet sowie sieben weitere angrenzende aserbaidschanische Verwaltungseinheiten völkerrechtswidrig besetzt zu halten. Deswegen wird Armenien von regionalen Infrastrukturprojekten ausgeschlossen[4], unterliegt Wirtschaftssanktionen von Seiten des Aserbaidschan und der Türkei, die auch ihre Grenzen zum Land seit 1993 geschlossen halten.

Seit 2012 bemühte sich die Regierung Armeniens um eine engere Anbindung an die EU und die Institutionen in Brüssel würdigten die schnelle Implementierung von geforderten Maßnahmen, was dazu führte, dass das Assoziierungs- und umfassende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Armenien Ende November 2013 beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft im litauischen Vilnius hätte unterzeichnet werden können. Stattdessen wendet die Regierung in Jerewan der EU-Anbindung den Rücken zu und wird der Zollunion zwischen Kasachstan, Russland und Weißrussland beitreten. Die Präsidenten Armeniens und Russlands gaben bei einem Treffen am 3. September 2013 in Moskau eine diesbezügliche Erklärung ab. Zudem wird Armenien auch an der Bildung der Eurasischen Wirtschaftsunion teilnehmen. Dadurch begibt sich das Land in eine noch engere Abhängigkeit von Russland, wo auch der Großteil der armenischen Arbeitsmigranten im Ausland lebt und durch enorme Geldtransfers in das Heimatland die lokale Wirtschaft stimulieren.

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Georgien hat seit seiner Unabhängigkeit von UdSSR turbulente Zeiten durchlebt: Einen Bürgerkrieg, kontinuierliche interethnische Spannungen, schwache Zentralregierungen und einen Präsidenten, der das Land in einen Krieg mit Russland führte, bei dem zwei Gebiete seines Staatsterritoriums endgültig der Kontrolle der Regierung in Tbilissi entglitten.

Seit dem Amtsantritt der Regierung Saakaschwili vor knapp zehn Jahren wurden staatliche Institutionen konsolidiert, die Infrastruktur des Landes modernisiert sowie der Zugang der Bevölkerung zu öffentlichen Gütern erleichtert. Zudem begannen die öffentliche Verwaltung sowie die Versorgung mit Elektrizität und Wasser wieder zu funktionieren. Darüber hinaus wurden umfassende Wirtschaftsreformen durchgeführt, die dem Land ein ansehnliches wirtschaftliches Wachstum und einen hohen Zufluss an dringend benötigten ausländischen Direktinvestitionen bescherte. Im Zeitraum zwischen 2005 und 2007 war ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um jährlich ca. zehn Prozent zu verzeichnen. In dieser Zeit gab es auch eine radikale Privatisierung staatlicher Unternehmen und anderer Vermögenswerte sowie eine neoliberale Marktderegulierung. Allerdings wurde die georgische Volkswirtschaft dadurch anfällig für externe Konjunkturschwankungen.

Das Jahr 2008 stellte dann eine Zäsur da. Durch die beginnende Weltwirtschaftskrise und den Augustkrieg zwischen Georgien und Russland endete das hohe inländische Wachstum. Das Resultat war eine enorme Zerstörung der Infrastruktur, Flüchtlingsströme aus Abchasien und Südossetien, die es zu versorgen galt und gilt, Vertrauensverlust der Kapitalmärkte in das Land und ein dadurch resultierendes schlechtes Investitionsklima. Die inländische Kreditvergabe stockte, so dass die Investitionen und der Binnenkonsum einbrachen. Ein 4,5 Milliarden USD umfassendes Hilfspakt internationaler Geber, das 2008 auf den Weg gebracht wurde, verhinderte den ökonomischen Zusammenbruch des Landes. Weniger als ein Viertel der Bevölkerung galt damals als arm, Tendenz steigend.

Das aserbaidschanische staatliche Erdöl- und Erdgasunternehmen SOCAR ist der größte ausländische Steuerzahler in Georgien. Somit ist Aserbaidschan auch im Ausland zu einem immer bedeutenderen Investor geworden.

Quelle der Abbildung: http://memory.loc.gov/cgi-bin/image-services/jp2.py?data=/home/www/data/gmd/gmd7/g7430/g7430/ct000916.jp2&res=1

[1] Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) betrug das nominale BIP Armeniens im Jahr 2012 10.551 Millionen USD (Rang 126), wohin gegen es für Georgien 15.803 Millionen USD (Rang 113) und für Aserbaidschan 71.043 Millionen USD (Rang 65) betrug.

[2] Die Daten für 2012 liegen noch nicht vor. 2009 betrug die Armutsrate 34,1 Prozent, 2010 35,8 Prozent und 2011 35 Prozent. Nationaler Statistischer Dienst der Republik Armenien.

[3] Mit mehr als drei Milliarden USD machen russische Kapitalanlagen fast die Hälfte der ausländischen Direktinvestitionen in der kaukasischen Republik aus. Der russische Energiekonzern Gazprom wirkt am Bau der Erdgasleitung zwischen Armenien und dem benachbarten Iran mit und die Modernisierung des Wasserkraftwerkes am Rasdan-Fluss wird von der Firma Inter RAO EES durchgeführt. Der Warenumsatz zwischen beiden Ländern stieg 2012 zudem um 22 Prozent auf mehr als 1,2 Milliarden USD.

[4] Die für 2014 geplante Fertigstellung der Eisenbahnverbindung Baku-Tbilissi-Kars hätte kürzer und kostengünstiger gebaut werden können, wäre sie über das Territorium Armeniens verlaufen.