Die Unterstützung für die syrische Führung belastete nach 2011 die Beziehungen zu vielen arabischen Regierungen. Dies ist nunmehr Vergangenheit. Auch unter den Bürgern der arabischen Welt genießt Russland mittlerweile hohes Ansehen.
Burson-Marsteller, eine der weltweit führenden PR-Agenturen, führt seit 2008 regelmäßig Umfragen in der arabischen Welt durch. Wie auch kürzlich unter 3.500 jungen Menschen in arabischen Ländern.
Der sogenannte „Arabische Frühling“ wird von den Befragten überwiegend negativ beurteilt.
Dies verringert das Ansehen des Westens, der den „Arabischen Frühling“ weiterhin positiv einschätzt, trotz der dramatisch negativen Auswirkungen in Libyen. Seit dem vom Westen massiv unterstützten Umsturz 2011 herrscht dort die Gewalt rivalisierender Clans und der IS konnte sich einnisten. Auch die Erfahrungen in Ägypten sind zumindest ernüchternd. – Der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle bspw. hatte sich öffentlich mit den Demonstranten solidarisiert. – In Tunesien hat sich die Situation durch den Umsturz wohl verbessert, aber dies ist auch das einzige und eher kleine Beispiel.
In Bahrain billigte der Westen 2011 den Einmarsch saudischer Truppen, um die „Frühlingsdemonstrationen“ niederzuschlagen. Da wurde bspw. in Washington sicher mit zweierlei Maß gemessen. Dies ist kein neues Phänomen, sondern seit jeher das Vorrecht der Mächtigen. Die Stellung in der Hierarchie bestimmt darüber, was jemandem erlaubt ist.
Russland bestreitet seit 2011, dem Umsturz in Libyen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten das Privileg der USA festzulegen, welche Regierungen als legitim zu betrachten sind und welche zu weichen haben. Moskau forderte in Syrien den Westen und die hyper-konservativen Golfstaaten heraus.
Letztere haben sich mit der Position Moskaus abgefunden. Russland hat durch seine unbeirrte Unterstützung der syrischen Führung in der arabischen Welt wohl nicht Sympathie, aber sehr an Prestige gewonnen (s. hierzu auch http://www.cwipperfuerth.de/2018/03/07/grossbritannien-foerdert-russische-syrienpolitik/). Der Kreml ist in der Hierarchie nach oben gerückt. Weil er standhaft, handlungsfähig und erfolgreich ist, trotz begrenzter Mittel. Ich will hier nicht diskutieren, inwiefern das Vorgehen Moskaus moralischen Kriterien genügt. Diese spielen in der Großmachtpolitik meines Erachtens ohnedies nur selten eine zentrale Rolle.
Die USA haben in der arabischen Welt mehr als zehnmal so viele Soldaten stationiert wie Russland, das im Grunde lediglich in Syrien präsent ist. US-Soldaten sind insbesondere in der Golfregion, wo Moskau überhaupt keine Truppen hat. Gleichwohl gilt Russland bei den Befragten sogar in dieser Region als wichtigerer Verbündeter als die USA, wie die folgende Folie zeigt:
Zur Erläuterung: Beim Kürzel „GCC“ („Gulf Cooperation Council“) handelt es sich um die Länder der arabischen Halbinsel. Unter „Levant“ sind in der Umfrage Jordanien, Libanon, die Palästinensischen Autonomiegebiete, der Jemen sowie der Irak zusammen gefasst.
Der Kreml besitzt zu nahezu allen Akteuren in der Region tragfähige bis ausgezeichnete Beziehungen: mit den verschiedenen Machtlagern in Libyen, zu Saudi-Arabien, dem Irak und dem Iran, Jordanien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und etwa Ägypten. Zudem hat er das Kunststück fertiggebracht, sowohl zu den Palästinensern als auch mit Israel geradezu freundschaftlich zu verkehren. Es ist nicht ausgemacht, dass dies so bleibt. Die Region ist höchst labil. Russland ist in eine zentrale Position gerückt, weil der Westen so schwach agiert. Die materielle Überlegenheit kann die mangelnde Fähigkeit, Entwicklungen richtig einzuschätzen und zu steuern nicht ausgleichen.
Quellen der Folien: