Außenminister Frank-Walter Steinmeier – Eine gute Nachricht für die deutsch-russischen Beziehungen

Joschka Fischer, Bundesaußenminister zwischen 1998 und 2005, hat sich für den Raum östlich der EU nicht sonderlich interessiert. Wenn er sich überhaupt hierzu äußerte, dann in dem Sinne, dass der Moskauer Politik des „Teilens und Eroberns“ entgegengetreten werden müsste, wie er 2009 sagte.

Auch Guido Westerwelle war die Ostpolitik kein Herzensanliegen. Ja, er hat zumindest zu Beginn seiner Amtszeit den Eindruck erweckt, dass ihn nicht die Außenpolitik bewegt, sondern innenpolitische Fragen (Stichwort: Spätrömische Dekadenz). Westerwelles kürzlicher Solidaritätsbesuch bei der Demonstration in Kiew mag hehre Absichten verfolgt haben. Er widersprach aber der guten deutschen Tradition, ausgleichend zu wirken. Davon abgesehen: Sollte sich ein bereits abgewählter Politiker, der aber noch den Ministertitel trägt, so deutlich positionieren? In einer letztlich innenpolitischen Kontroverse innerhalb eines anderen Landes?

Fischer und Westerwelle muss man zugutehalten: Sie besaßen während ihrer Amtszeiten kaum die Chance, sich ostpolitisch zu profilieren, denn die Russlandpolitik wurde unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt gemacht. – Zu den Zeiten Frank-Walter Steinmeiers als Außenminister (2005-2009) war dies allerdings anders: Die SPD besaß in der Großen Koalition ein deutlich höheres Gewicht als die Grünen unter Kanzler Schröder oder die FDP in den vergangenen vier Jahren. Und Steinmeier zeigte, dass er mit großem Gestaltungswillen Ostpolitik machen wollte:

Im September 2006 stellte er sein Konzept „Wandel durch Verflechtung“ auf dem EU-Gipfel vor, das der Zusammenarbeit mit Russland einen neuen Impuls verleihen sollte. Deutschland betonte seine traditionelle Haltung, Russland einbinden und nicht ausgrenzen zu wollen. 2007 initiierte die EU unter der deutschen Ratspräsidentschaft die „Zentralasienstrategie“. Treibende Kraft waren der deutsche Außenminister und sein Staatsminister Gernot Erler. Steinmeier engagierte sich auch nachdrücklich für einen friedlichen Ausgleich zwischen Georgien auf der einen, sowie Abchasien und Südossetien auf der anderen Seite. Die Außenminister vieler anderer westlicher Länder stellten sich hingegen einseitig auf die Seite Georgiens. Dies wird zu dem Entschluss von Tiflis beigetragen haben, im August 2008 einen Krieg zu beginnen.

Zugegeben, die Erfolge von Steinmeiers Initiativen blieben überschaubar. Die frostige politische Großwetterlage ließ nicht viele Samen aufgehen. Aber Steinmeiers Engagement eröffnete Gesprächskanäle. Er spitzte nicht zu, sondern suchte demonstrativ, Gemeinsamkeiten auszuloten.

Steinmeier wird an seine erste Amtszeit als Außenminister anknüpfen wollen und können. Hierauf deutet auch die Haltung der SPD in den Verhandlungen zur Koalitionsvereinbarung hin.

Es liegt in deutschem Interesse, Möglichkeiten der Kooperation mit Russland zu sondieren. Und dazu beizutragen, Spannungen auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR zu vermindern. Es ist nicht in deutschem Interesse, auszugrenzen oder Konflikte zu schüren. Ich bin überzeugt: Deutschland handelt hier auch im Interesse des gesamten Westens. Die bevorstehende Ernennung Steinmeiers ist nicht nur gute Nachricht für die deutsch-russischen Beziehungen, sondern weit darüber hinaus.

 

Anmerkung: Ich werde mich in Kürze zur Ukraine äußern, insbesondere der Rolle Russlands.