Hannover 2000, Shanghai 2010, Mailand 2015 – und Jekaterinburg 2020? Die Hauptstadt des Ural hat sich im Juni 2013 offiziell für die Austragung der Expo beworben. Die Weltausstellung in Jekaterinburg wird sich den positiven und negativen Aspekten der Globalisierung widmen. Es gibt aber starke Mitbewerber: Izmir, Sao Paulo und Dubai. Im November wird die Entscheidung fallen, welche Stadt die bis zu sechs Monate dauernde Expo austragen wird. Arme Länder stellen 60 Prozent der Stimmberechtigten beim Votum über die Kandidaten. Russland bietet etwa 90 Entwicklungsländern an, kostenlos Ausstellungshallen zu errichten und zu unterhalten.
Falls die russische Stadt den Sieg davon trägt, werden 2 Milliarden US-Dollar investiert, die sich aber rasch amortisieren sollen. Der Großteil des Ausbaus der Infrastruktur Jekaterinburgs wurde in den vergangenen Jahren bereits getätigt: 2018 werden Spiele der Fußballweltmeisterschaft dort ausgetragen. Es müssten also vor allem noch die Ausstellungshallen gebaut werden.
Der Flughafen Jekaterinburgs (Kolzowo) wird unter den weltweit fünftbesten geführt, allerdings in der Kategorie derjenigen mit bis zu 4 Millionen Passagieren. Das weltweit bedeutende Flugkreuz Dubai zählt hingegen fast 60 Millionen Fluggäste jährlich. Der vielleicht stärkste Mitbewerber der russischen Stadt ist somit klar im Vorteil. Bislang gibt es beispielsweise nur einen Direktflug von Frankfurt nach Jekaterinburg. Da gibt es noch viel zu tun, damit die erwarteten 30 Millionen Besucher aus 150 Ländern in den Ural gelangen können. Dubai ist gegenüber Jekaterinburg auch klimatisch begünstigt. (Mir persönlich wäre es dort zu heiß. Aber das ist wohl eine Minderheitenposition.)
Andererseits ist Jekaterinburg aufgrund seiner langen Tradition als Wissenschafts- und Industriestandort gegenüber dem Emirat im Vorteil. Und vielleicht spielen bei der Vergabe auch menschenrechtliche Fragen eine Rolle? 85% der Einwohner Dubais sind Ausländer, die unter oft fragwürdigen Bedingungen fast die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes erbringen. Im benachbarten Emirat Katar wird 2022 die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen. Im September wurde bekannt, dass fast täglich nepalesische Gastarbeiter aufgrund der brutalen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen zu Tode kommen.
Jekaterinburg kann sogar als Muster der politischen Öffnung gelten: Am 9. September wurde der Bürgerrechtler Jewgeni Roisman zum Bürgermeister gewählt. Sein wichtigster Gegenkandidat von der kremlnahen Partei „Einiges Russland“ unterlag. Roisman wurde durch seinen unerbittlichen Einsatz gegen den Drogenhandel und –missbrauch bekannt. Die Verbreitung von Rauschgiften ist wahrhaft eines der schlimmsten negativen Folgen der Globalisierung.
In wenigen Wochen wissen wir, welche Stadt 2020 den Blick der Welt auf sich ziehen wird. Klar, wem ich die Daumen drücke.
Quellen:
Blick auf Jekaterinburg:
http://expo2020.ru/cached_image/0yjgos0d5q4_Size960x640.jpg
Roisman:
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Roizman_Eugene.jpg